Montag, 22. Oktober 2007

Was die Wii braucht ...

Gestern kam ein alter Schulfreund zu Besuch (wer es wissen will: mein Abitur liegt knapp 15 Jahre zurück), und natürlich wollte er ein paar Runden mit der Wii drehen. Aus den paar Runden wurde ein ganzer Abend, versteht sich: Mii basteln, Wii Play (das Spiel wurde mal wieder für seinen Hauptnutzung verwendet - Neulinge die Wii-Remote zu erklären), Wii Sports, Mario Strikers, Excite Trucks, Resident Evil 4 (ich lasse die Leute immer bis zum Dorf spielen - was für ein Spaß, selbst das Zugucken), und schon war die Zeit rum.

Die Reaktion war wie zu erwarten: wenn er sich noch mal eine Konsole holt (z.Zt. besitzt er eine Playstation 1), dann sicher eine Wii. Und er war noch nicht einmal in den Genuß einer 4-Personen-Extravaganz gekommen - Mario Strikers zu viert, oder Mario Party, oder Wario Ware, oder Raving Rabbids ... die Wii ist geradezu prädestiniert für Multiplayerspiele, bei denen die Leute im Zweifel wie manisch mit der Wii-Remote rumfuchteln.

Nichts neues also, ist ja bekannt. Warum also dieser Beitrag? Um an "Die Wii: Dem Untergang geweiht?" anzuschließen. Seit Halo 3 (Xbox 360) mehren sich die Unkenrufe. Die Wii sei langweilig geworden, und was die Leute wirklich wollen, sind Hardcore-Games wie Halo 3 - schließlich verkaufte sich die Xbox 360 im Halo-Monat tatsächlich besser als die Wii. Das Schlachtschiff Wii - versenkt?

Öh, nein. Erstens: die attraktivsten Spiele sind in der Mache. Zweitens: Online-Spiel funktioniert prima, muß nur von den Spielen unterstützt werden, und wird in Zukunft vermehrt auftreten (Guitar Hero 3 und Super Smash Bros. Brawl, um nur zwei populäre Beispiele zu nennen - und Mario Strikers Charged Football funktioniert online einfacher als von der Fachpresse angekündigt). Drittens: wie viele Leute werden sich wohl eine Xbox 360 wegen Halo 3 zulegen, die Halo 1 oder 2 nicht kennen, und nicht ohnehin die Anschaffung einer Xbox geplant hatten? Nicht sonderlich viele.

Viertens, und damit kommen wir zum Kern dieses Artikels: nicht nur spricht die Wii neue, von der Videospielindustrie bisher vernachlässigte Zielgruppen an (Vergleiche mit The Sims 1 und 2 und auch World of Warcraft liegen nahe). Vorbei ist zudem die Zeit, wo Einzelpersonen für sich alleine vor der Konsole daddelten - ob online oder nicht.

Die Wii ist gerade deshalb ein Massenphänomen, weil man sich mit Freunden treffen kann und einfach drauf los spielt. Mit manchen Spielen bekommt man gleichzeitig eine Menschenmenge in annähernder Partygröße unterhalten - 12 Leute bei Wario Ware beispielsweise. Oder nehmen wir die mittlerweile angekündigte Turnieroption bei Super Smash Bros. Brawl: theoretisch könnten 32 Leute in einem Turnier antreten.

Es ist ein Fakt, daß, wenn mehrere Leute in einem Raum gemeinsam spielen, mehr Freude aufkommt, als wenn sie alleine zocken würden. Der Mensch ist nun einmal ein Gemeinschaftswesen (Ausnahmen bestätigen die Regel - und gerade der "Hardcore-Gamer" mag eine solche Ausnahme sein ...).

All dies hat nichts mit Hardware, ja noch nicht mal mit der genialen Wii-Remote zu tun. Theoretisch könnte es solche Spiele auch für Xbox 360 und Playstation 3 geben - vermutlich aber nicht, denn das ist nicht die Zielgruppe (auch wenn man bei Sony nicht sicher sein kann; wenn sie sonst schon alles nachmachen ...). Und das ist der Kern des Wii-Erfolgs: zugängliche, in Gruppen spielbare Games.

Da mag mancher die fehlenden Onlinespiele bemängeln. Matt von IGN schreibt in seinem Blog (Is Split-screen Multiplayer Dead?):
If some of you honestly prefer that community aspects of sitting on a couch with friends, that's cool. I can understand that, although I'd argue that with the emergence of headset/microphone-compatible games, even that point is all but moot. But if you're trumpeting split-screen gaming only because you have, for whatever reason, never played online, you're really, truly kidding yourself. Whether you like it or not, split-screen gaming is the past and online gaming is the future. If you don't wake up to this truth soon, you've got a very disappointing generation of games ahead.
Der "community aspects of sitting on a couch with friends" ist, wie gesagt, einer der Gründe, warum die Wii ein solcher Erfolg ist. Mit anderen Leuten, ob Freunde oder Fremde, online spielen kann ich auch am PC - das war für mich kein Grund für die Anschaffung einer Videospielkonsole. Klar, im Zweifel möchte ich auch meine Wii-Spiele online zocken, aber die Spiele sind auf Anhieb unattraktiv, wenn ich es nicht auch mit mehreren Personen im gleichen Zimmer spielen kann. Und wenn das Spiel nur dann Offline-Multiplayer-tauglich ist mit Split-Screen (Mario Kart Wii zum Beispiel), dann bitte schön sollte es das auch haben. Wenn nicht: Flopp. Die Wii-Gemeinde ist sehr zurückhalten, was "Couch-Solospiele" angeht. Wäre es anders, wäre es die PS3-Gemeinde.

Also, was braucht die Wii?

* Mehr Multiplayer-Spiele, die nicht Party-Games wie Wario Ware und Raving Rabbids sind, denn daran besteht weder zur Zeit noch in Zukunft ein Mangel.

* Mehr Spiele, die gleichzeitig online und offline für mehrere Spieler gemacht sind - Mario Strikers gibt den Weg vor, doch auch hier wäre wohl mehr drin gewesen (Online-Spiele mit acht Leuten, je vier pro Wii - das wäre der Hammer (gewesen)).

* Mehr Spiele für eine größere Anzahl an Leuten. Wario Ware läßt 12 Leute in schneller Abwechslung spielen, und Smash Bros. bis zu 32 Leute im Turnier. Bei Big Brain Academy können bis zu acht Leute um die Wette knobeln (doch warum, warum können nur acht Leute ihre Profile speichern? Nintendo, ich kenne mehr als sieben Leute, die zum Wii-Spielen vorbeikommen!). Soweit ich weiß bieten alle anderen Spiele maximal Platz für vier Leute - aber eine größere Auswahl als die drei vorgenannten Spiele wäre prima, wenn mal mehr als vier Leute vor der Wii sitzen oder stehen. Und das kommt tatsächlich häufig vor; zu fünft oder sechst sind wir wirklich oft - und dann fällt Mario Party 8 kategorisch aus. Schade.

Einige Spiele haben ihre Chance vertan. Nehmen wir Wii Sports. Eine grandiose Sache - für maximal vier Spieler. Daß Tennis nur für vier Leute auf einmal ist, und Boxen und Baseball nur für zwei, ist völlig ok. Aber warum kann man nicht mit fünf, sechs, sieben Leuten bowlen oder golfen?

Das Zauberwort für die Wii ist und bleibt Multiplayer. Und je "multiger", desto besser. Oder nicht?

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